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In einer New Yorker Anwaltskanzlei im 19. Jahrhundert treffen wir auf Bartleby: Der Schreibgehilfe ist erst fleißig, dann aber verweigert er sich sanft allen Arbeiten – und dem Leben. Benno Schulz liest “Bartleby, der Schreiber” von Herman Melville.
Er ist wohl der berühmteste Anti-Held der Literaturgeschichte: Der Angestellte Bartleby erfüllt in einer New Yorker Anwaltskanzlei fleißig und gewissenhaft Schreib- und Kopiertätigkeiten. Doch dann beginnt er, sich allen Arbeiten und schließlich dem Leben selbst zu verweigern, mit den Worten: “I would prefer not to” – “Ich möchte lieber nicht”. Wer er ist, woher er kommt, warum er sich so verhält, bleibt rätselhaft.
Herman Melville veröffentlichte seine “Geschichte aus der Wall Street” im Jahr 1853, zwei Jahre nach dem Roman “Moby Dick”. Melville war jahrelang auf einem Walfangschiff zur See gefahren, lebte danach als Schriftsteller in New York. Ab 1866 arbeitete er als Zollinspektor, um seine Familie zu ernähren. Denn mit “Moby Dick”, “Bartleby the Scrivener“” und anderen Romanen war er zu modern für seine Zeit. Heute gelten sie als bedeutende Werke der Weltliteratur.
Möglicherweise hat Hermann Melville in der Weigerung des Schreibers, zu kopieren, den Regeln zu folgen, sich auch selbst verewigt. Ein berühmter Satz von ihm lautet “Besser, man ist ein gescheitertes Original als eine erfolgreiche Imitation.” Der Satz “Ich möchte lieber nicht” wurde zum festen Zitat. “Bartleby” wurde verfilmt, in Theaterstücken und Opern verarbeitet. Die sanfte Gewaltlosigkeit, mit der sich die Hauptfigur allen Anforderungen verweigert, inspirierte zum Nachdenken über Machtverhältnisse. Der Philosoph Slavoj Žižek erkannte “eine magische passive Revolution, welche die autoritäre Macht, anstatt ihr direkt entgegenzutreten, allmählich zersetzt”. Auch politische Bewegungen wie “Occupy” beriefen sich auf Bartleby. Oder das in den 2010er Jahren in Berlin gegründete “Haus Bartleby – Zentrum für Karriereverweigerung”.
Lernen Sie den erstaunlichen Bartleby kennen, präsentiert von Benno Schulz.
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