-->
Am Fuße des Brockens, wo Faust und Mephisto auf dem Besenstiel geflogen sind, wo Höllen- und Zeterklippe von unheimlichen Vorgängen berichten, liegt das Dorf Elend. An jeder Straße, die aus dem Dorf hinausführt, sind Schlagbäume angebracht, und wenige hundert Meter Richtung Westen verläuft die deutsch-deutsche Grenze.
In diesem Dorf, das Fremde nur mit Passagierschein betreten dürfen, lebt No mit seiner Familie. Es ist so still, dass er manchmal von seinem Zimmer aus die Wachhunde bellen hören kann. Wenn er nicht Fußball spielt oder mit Freunden Grenzverletzer jagt, liest No. Dann ist er König von Chingachkoog oder der erste Junge, der den Südpol bereist. Seine Träume haben No den Namen Lügenbold eingetragen. Oft weiß er selbst nicht, ob er die Wahrheit sagt – zum Ärger seines Vaters, der ihm das Lügen austreiben will. Stockhiebe und Hausarrest muss No über sich ergehen lassen, bis zu dem Moment, wo er dem Vater mit einem Beil gegenübertritt…
In Christoph Brummes vielbeachtetem Debütroman von 1994 schildert ein namenloser Erzähler seine Kindheit in Elend, einem Dorf im Harz, nahe der deutsch-deutschen Grenze. MDR KULTUR hat das Buch 2007 mit Corinna Harfouch als Lesung aufgenommen.
Die kleine Welt zwischen Elternhaus und Schule, Fußballplatz und Minenfeld beschreibt Christoph Brumme in einer Sprache, die das kindliche Bewusstsein zum Maßstab nimmt. Er schildert mit einfachsten Mitteln, dabei doch immer behutsam und differenziert. Zwar spielen Sozialismus und Mangelwirtschaft, staatliche sowie elterliche Repressionen stets eine Rolle, doch vermeidet es der Autor, schwarzweiß zu malen. Insbesondere dieser klare, unverstellte Blick ist es, der seine Kindheitsgeschichte exemplarisch und glaubwürdig macht.