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Ein schwacher Moment, ein bisschen Rührseligkeit, schon rückt das Volk, mit dem man es doch so gut meinte, einem ganz unangenehm auf die Pelle – so die Erfahrung, die Dostojewksi den Staatsrat Pralinski in dieser peinlichen Geschichte machen lässt.
Die Zeiten sind aufgewühlt im zaristischen Russland, Alexander II. hat 1861 die Leibeigenschaft aufgehoben, große gesellschaftliche Umwälzungen zeichnen sich ab – da kann es passieren, dass ein Politiker überraschend einen Hang zur Menschlichkeit entdeckt, selbst ein frischernannter “Wirklicher Staatsrat”. So passiert es Iwan Iljitsch Pralinski, der sich einen schwachen Augenblick lang ganz großartig fühlt als volksnaher Reformer und freigeistiger Vorgesetzter. Praktisch heißt das: Er erscheint uneingeladen zur Hochzeit eines Untergebenen. Natürlich muss das furchtbar schiefgehen, Dostojewski schildert mit unbarmherzigem Sinn für das Tragikomische dieser “peinlichen Geschichte”, wie furchtbar schief es geht …
Satirische Texte verbindet man wenig mit Dostojewski, dem Düsteren; bissige Gesellschaftsanalyse in (etwas) heiterer Form zeigt dieses von Christiane Pöhlmann neu übersetzte Werk. Friedhelm Ptok beherrscht virtuos den Klang jovialer Erbarmungslosigkeit, der uns Pralinskis innere Logik – und Qualen! – erleben lässt.